
Wenn die Nord-Essener aus dem Stadtbezirk V Altenessen, Karnap, Vogelheim einen Termin beim Orthopäden haben, müssen sie fahren. Teilweise weit fahren. Denn in den drei Stadtteilen gibt es zwar 50.000 Einwohner und damit 50.000 potenzielle Patienten. Aber nur einen Orthopäden . Und der ist gut besucht. Westlich im Stadtbezirk IV (Borbeck) und östlich im Stadtbezirk VI (Zollverein) sieht es kaum besser aus. Ein Blick auf die Arzt-Karte zeigt: Die 35 Essener Orthopäden tummeln sich vor allem südlich der A40 in der Innenstadt, Rüttenscheid und Bredeney.Die Bezirksvertretung V hat jetzt ganz ungewöhnlich reagiert. Parteiübergreifend haben wir den Beschluss gefasst, einen Orthopäden für unsere Bürger zu suchen und ihn vor Ort zu unterstützen, sagt SPD-Politikerin Birgit Petereit und wirbt um den Spezialisten: Bitte melde dich. Wir helfen gerne. Dabei ist das Prozedere nicht ganz so einfach. Essen hat laut Kassenärztlicher Vereinigung eine Überversorgung an Orthopäden. Der aktuelle Versorgungsgrad liegt bei 130 Prozent. Schon ab 110 Prozent darf sich kein weiterer Facharzt der Sparte niederlassen. Der hohe Wert erklärt sich damit, dass die Bedarfsplanung samt Quoten als Steuerungsinstrument erst 1993 eingeführt wurde. Und die vielen Praxen natürlich schon da waren. Es gibt also, laut Kassenärztlicher Vereinigung, zu viele Orthopäden in der Stadt. Und gleichzeitig, laut Politikern und Bürgern, zu wenig im Essener Norden. Praxisräume sind schon reserviert Zwei Optionen sind denkbar: Ein Orthopäde zieht mit seiner bestehenden Praxis um. Das ist eher unwahrscheinlich. Oder ein neuer Arzt beantragt beim zuständigen Zulassungsgremium aus Ärzten und Krankenkassen eine Sonderbedarfszulassung. Die Kassenärztliche Vereinigung kann sich zu den Erfolgsaussichten eines solchen Antrags nicht äußern. Eine entsprechende Anfrage könnte indes schon im Sommer geprüft werden. Wichtig: Der Arzt muss einen lokalen Versorgungsbedarf nachweisen und begründen. Das sollte mit der Situation doch machbar sein. Wir unterstützen Interessenten gerne, betont Birgit Petereit und ergänzt: Wir bieten ja nicht nur eine Goldgrube mit so vielen Patienten. An der Bischoffstraße in Altenessen hält uns ein Hauseigentümer in einem Neubau Praxisräume frei. Mit Ärzten und anderen Praxen im Umfeld ist bereits ein kleines medizinisches Zentrum vorhanden. Fehlt nur noch der passende Orthopäde, den es in den Norden zieht, und der den Antrag stellt.
Quelle WAZ-online (Thorsten Schabelon)